03
Okt

Gekonnt geschrieben Teil II. Schreibstil verbessern für Profis und Laien

Schreiben will gelernt sein, das wissen nicht nur Schriftsteller und Textprofis. Viele Laien sind täglich in ihrem Beruf mit dem Schreiben konfrontiert, müssen überzeugende Briefe, treffende E-Mails oder packende Konzepte verfassen. Die Kunst des Schreibens besteht wie auch die bildende Kunst aus einer Mischung aus Talent und viel Übung. Den eigenen Schreibstil verbessern – das geht mit einfachen Tricks, die man sich beim Schreiben am besten immer wieder ins Gedächtnis ruft.

„Lesen ist Fernsehen im Kopf“

Beim schönen Schreibstil zählt vor allem eines: Bilder entstehen lassen! Nicht von ungefähr hatten die deutschen Büchereien Erfolg mit ihrem Slogan „Lesen ist Fernsehen im Kopf“. Eine bildhafte Sprache lässt den Leser in seiner Fantasie zu unbekannten Orten vorstoßen und Wunder erleben – sie lässt Träume wahr werden. Den Fremdwörtern und dem wissenschaftlich verschwurbelten Schreibstil sollte man also lieber entsagen und stattdessen bildhaft und deutlich formulieren! Leichter gesagt als getan? Die folgenden Tipps helfen mit konkreten Beispielen.

Verben: Die richtigen wählen

Wenn der Text viele Verben enthält, wird die Handlung für den Leser lebendig und greifbar. Der typische wissenschaftliche Schreibstil mit vielen Substantivierungen lässt den Text womöglich hochgestochen wirken, wird den Leser aber keinesfalls packen. Durch die Wahl der Verben sollte ein möglichst konkretes Bild gezeichnet werden. Z. B. ist das schlichte „gehen“ oft nicht genug. „Schlendern“, „flanieren“ oder „rennen“ beschreiben viel besser die genaue Szenerie. Gängige Verben wie diese lassen ein bestimmtes und vorhersehbares Bild vor dem geistigen Auge entstehen. Überraschen kann man den Leser durch die ungebräuchliche Verwendung gebräuchlicher Verben, z. B. „Jemand rührt in meinem Gewissen herum“. Dieses Stilmittel findet man vor allem in der Literatur und in der Werbesprache.

Für einen unklaren Schreibstil sorgen hingegen zu viele Hilfsverben. „Können“, „möchten“, „dürfen“ & Co. sind zwar gerade im geschäftlichen Schriftverkehr üblich. Im Deutschen sorgen sie aber dafür, dass das „aktivierende“ Verb an das Ende des Satzes rutscht.

Hauptwörter: Gefühl zeigen

Mittlerweile rücken sogar Wissenschaftler von ihrem heiß geliebten Nominalstil ab. Substantive sind selten bildhaft und fordern eine hohe kognitive Leistung vom Leser. Vor allem von abstrakten Substantiven sollte man daher absehen. Je konkreter das Hauptwort, desto mehr lässt es ein bestimmtes Bild im Kopf entstehen. Unter „Wind“, „Auto“ und „Baum“ können wir uns nicht nur etwas vorstellen, wir verbinden diese Wörter auch mit Gefühlen und Sinneseindrücken. Mit diesem Trick lässt sich auch im Geschäftsumfeld der Schreibstil verbessern. Ob man eine „Intensivierung der Zusammenarbeit“ oder eine „engere Zusammenarbeit“ wünscht, kann von Bedeutung sein.

Eigenschaftswörter: Farbe auftragen

Adjektive aktivieren unsere Fantasie. Sie sind ein hervorragendes Werkzeug, um die Bilder im Kopf noch konkreter und genauer zu malen. Am besten gelingt das durch Adjektive, die die Sinne ansprechen. Das Waschmittel riecht wie frisches Bergwasser oder Blumen, die Tiefkühlpizza schmeckt wie frisch aus dem Steinofen. Vermeiden sollte man Doppelungen, sogenannte Pleonasmen. „Weiße Schimmel“ und „getroffene Vereinbarungen“ sind gute Beispiele für überflüssige Adjektive.

Positiv schreiben: Negationen vermeiden

Unser Gehirn kann keine Nicht-Bilder entstehen lassen. Die Aufforderung „Bitte nicht herauslehnen“ z. B. in Zügen der Deutschen Bahn bringt uns geradezu auf die Idee, uns herauszulehnen. Eine solche Aufforderung verstößt außerdem gegen das Gesetz der sozialen Bewährtheit. Wenn viele Menschen vor uns genau das getan haben, möchten wir es meist auch gern tun. Neben „nicht“ verstecken sich solche Negationen auch in der Adjektivendung „-los“, in der Vorsilbe „un-“ und in dem Artikel „kein“. Mit der Aufschrift „Fenster geschlossen halten“ erzielte die Deutsche Bahn bis heute auch ein deutlich besseres Ergebnis.

Fazit: Der Verbalstil ist ein Muss für jeden Texter. Hilfsverben sind hingegen keine echten Verben und für einen Werbetext gänzlich ungeeignet. Auf alle Substantive, die bildleer sind, kann zudem getrost verzichtet werden. Eigenschaftswörter dagegen sind für Profis und Laien unumgänglich: Sie bringen mehr Farbe und Abwechslung aufs Papier.

Mit Material von Stefan Gottschling „Stark texten, mehr verkaufen“

Foto © Artur Marciniec – Fotolia.com

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