03
Mär

Übersetzen und Dolmetschen III: Metaphern

Metaphern sind ein wichtiges und prägendes Element der Kommunikation und stellen für das Übersetzen eine Herausforderung dar. Die Metapher als Übersetzungsproblem wird in der übersetzungswissenschaftlichen Literatur eher am Rande erwähnt. Dabei wird die Frage nach der prinzipiellen Übersetzbarkeit von Metaphern und nach möglichen Übersetzungsverfahren bei fast jeder Übersetzung aktuell.

Nachdem die Metapher lange Zeit als Redefigur der Rhetorik galt, wurde sie im 20. Jahrhundert in der linguistischen und philosophischen Literatur wiederentdeckt. Die Metapher galt als bildhafter sprachlicher Ausdruck, der aufgrund der Bezeichnungsübertragung zwischen Gegenständen und Erscheinungen zustande kommt. Die bildhaften Beziehungen beruhen auf Analogien oder Ähnlichkeiten. Nach dieser Auffassung ist eine Metapher eine bloße Ersetzung eines eigentlichen Wortes und folglich auf eine wörtliche Bedeutung reduzierbar. Ihre Hauptfunktion liegt demnach in der stilistischen Ausschmückung des Textes.

Die Metapher hat mehrere Funktionen: sie ist Benennung für das Objekt, das sie beschreibt, das Bild, mit dessen Hilfe das Objekt der Metapher beschrieben wird, und sie stiftet Sinn, indem sie zwischen Bild und Objekt bestehende Ähnlichkeiten benennt.

Mittlerweile sind Metaphern typisch für die Alltagssprache, und sie sind eher kognitive, konzeptuelle Phänomene als linguistische oder rhetorische Erscheinungen. Ihre wichtige kognitive Funktion besteht darin, dass sie einen Erfahrungsbereich mit den Worten eines anderen veranschaulichen. So können Elemente und Wissen aus einem Bereich “ausgeliehen” werden, um etwas anderes zu veranschaulichen. Zwischen dem Bereich, aus dem das Bild stammt und dem Bereich, der beschrieben wird, gibt es keine Beziehung, sie müssen sich nicht ähnlich sein, die Metapher ist also nicht auf eine wörtliche Bezeichnung reduzierbar. Metaphern sind in erster Linie kognitive Erscheinungen, die sich jedoch in der Kommunikation in sprachlichen Strukturen niederschlagen.

Übersetzbarkeit und Übersetzungsverfahren

Metaphern sind Produkte der kreativen Verletzung semantischer Regeln des Sprachsystems und zutiefst kulturspezifisch. Beim Übersetzen soll mit dem zielsprachlichen Text die Wirkung erhalten bleiben, die die Metapher im ausgangssprachlichen Text hatte. Behindern linguistische und kulturelle Faktoren die Reproduktion des Effekts, sind also die mit der Metapher in der Ausgangssprache verbundenen kulturellen Erfahrungen und semantischen Assoziationen in der Zielsprache nicht reproduzierbar, so stehen wir als Übersetzer vor einer interessanten Herausforderung.

Der Erhalt der Metapher kann also gleichermaßen als Problem und als Ideal gesehen werden. Da der Erhalt des Bildes in der Zielsprache nicht immer möglich ist – wenn zum Beispiel das mit der Metapher verbundene Bild in der Zielsprache unbekannt ist, gehen die ausgelösten Assoziationen der Ausgangskultur in der Zielkultur verloren –, stehen uns verschiedene Übersetzungsverfahren als mögliche Lösungen zur Verfügung:

1. direkte/wörtliche Übersetzung: Wiedergabe des im Ausgangstext verwendeten sprachlichen Bildes durch das gleiche sprachliche Bild im Zieltext unter Beibehaltung des Sinns
2. Ersetzung/Substitution: Substitution des Bildes im Ausganstext durch eine zielsprachliche Metapher mit vergleichbarem Sinn und/oder vergleichbaren Assoziationen
3. Umschreibung/Paraphrase: Wiedergabe des im Ausgangstext verwendeten sprachlichen Bildes durch einen nichtmetaphorischen zielsprachlichen Ausdruck (Entmetaphorisierung)

Die Wahl des Übersetzungserfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von der Funktion der Metapher im Text, von stilistischen Erwägungen, von Konventionen der Textsorte sowie vom Übersetzungsauftrag.

Metapher und Kultur

Kulturelle Unterschiede wurden oft als Problem für die Metaphernübersetzung genannt, weil bestimmte Metaphern zum Beispiel andere Assoziationen auslösen oder weil der Quellenbereich der ausgangssprachlichen Metapher in der Soziokultur der Gemeinschaft in der Zielkultur keine oder keine bedeutende Rolle spielt. Die Assoziationen von Metaphern sind darüber hinaus diachronisch veränderbar, was bei der Übersetzung historischer oder älterer Texte zu zusätzlichen Schwierigkeiten führen kann. In solchen Fällen sollte der Übersetzende auf eine wörtliche Übersetzung verzichten und entweder eine angemessene Metapher in der Zielsprache verwenden oder den Sinn der Metapher der Ausgangssprache mittels einer Paraphrase wiedergeben. Oftmals möchte man jedoch die Kulturspezifik der Ausgangssprache betonen, dann wird die Reproduktion der Metapher mit einer zusätzlichen Erklärung empfohlen, bei extremen kulturellen Unterschieden durch Annotationen oder Fußnoten.

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