05
Nov

Anglizismen – wenn Public Viewing zur Ausstellung eines aufgebahrten Leichnams wird

42 Prozent aller Deutschen sind genervt von Anglizismen, so das Ergebnis einer Studie von Monster.de. Trotzdem halten Begriffe wie „Facility Manager“, „Promotion-Aktion“ und „Skills“ weiterhin Einzug in die deutsche Sprache. Insbesondere die deutsche Geschäftswelt setzt seit längerem auf vermeintlich internationale Begriffe und Redewendungen: Wer sitzt heutzutage nicht in einem Meeting, checkt seine Mails oder downloaded eine Datei?

„Uns geht es nicht um Deutschtümelei …“

Englisch gilt seit jeher als die globale Sprache überhaupt – Geschäftspartnern impliziert sie Internationalität, Privatpersonen lehrt sie mit unregelmäßigen Verben das Fürchten. Besonders Letzteres empfindet die verbraucherpolitische Sprecherin der Union, Julia Klöckner, als problematisch: „Viele Menschen werden ausgegrenzt, weil sie die englische Sprache nicht verstehen.“ Anmerkend sei gesagt, dass laut einer Studie der Europäischen Kommission mehr als ein Drittel aller Bundesbürger keinerlei Fremdsprachenkenntnisse haben. Genau aus diesem Grund will sich nun die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ des Bundestags der Sache annehmen: Sie fordert, Schilder in öffentlichen Gebäuden, Gesetzestexte und Formulare künftig in verständlicher deutscher Sprache zu verfassen. Dabei ginge es der Enquete-Kommission jedoch nicht um Deutschtümelei, sondern um die Pflege der deutschen Sprache als Kulturgut, so die Vorsitzende Gitta Connemann.
Anglizismus ist nicht gleich Anglizismus

Besonders die ältere Generation tut sich zunehmend schwer mit Begriffen wie Service Point oder Public Viewing. Dabei treibt der Anglizismenwahn zum Teil seltsame Blüten, beispielsweise, wenn begeisterte deutsche Fußballfans im Ausland vom letzten „hammermäßigen Public Viewing“ berichten. Englische Muttersprachler dürften sich angesichts der eigentlichen Bedeutung von Public Viewing darüber wundern, was denn deutsche Fußballfans auf der öffentlichen Ausstellung eines aufgebahrten Leichnams zu suchen haben. Andererseits kann die Verwendung von Anglizismen auch sinnvoll sein: Als globale Sprache können gemeinsam benutzte Begriffe wie etwa „Meeting“ im Geschäftsleben dazu führen, dass die berufliche Kommunikation erleichtert wird und eine länderübergreifende Zusammenarbeit möglich ist. Wo also ist die Grenze zu ziehen zwischen „meaningful“ und „useless“? Die Enquete-Kommission ist sich sicher: Der Schutz der deutschen Sprache ist nicht nur aus Verbraucherschutzgründen sinnvoll, sondern auch, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu schützen: „Deutsch war einst Wirtschaftssprache, wird aber zunehmend durch Spanisch und Englisch verdrängt“, so Gitta Connemann.

Deutsche Sprache ist international wenig vertreten

Obwohl die deutsche Sprache die in der Europäischen Union meist gesprochene Muttersprache und eine der drei offiziellen Amtssprachen ist, wird ein Großteil der EU-Dokumente nur auf Englisch oder Französisch veröffentlicht. Kritiker sehen hierin die Ausgrenzung deutscher Wirtschaftsstandorte. Wie empfindet jedoch macht sich die „Veranglizismung“ in unserem Alltag bemerkbar? Eine repräsentative Erhebung der Gesellschaft für deutsche Sprache hat bekannte Anglizismen in vier Untergruppen unterteilt:
Kategorie 1: die „Integrierten“

Die Anglizismen sind in ihrer Lautung, Beugung und Schreibung beinahe vollständig an die deutsche Sprache angepasst, so zum Beispiel „relaxen“.

Kategorie 2: die „Unangepassten“

Diese Anglizismen bleiben unverändert und werden meist eins zu eins aus dem Englischen übernommen, wie zum Beispiel „Scanner“.

Kategorie 3: die „Denglischen“

Diese Wörter sind ein Mix aus deutschen und englischen Begriffen und werden somit aus verschiedenen Sprachen zusammengesetzt, wie etwa „BahnCard“.

Kategorie 4: die „Pseudowörter“

Diese Wörter klingen und sehen englisch aus, im englischsprachigen Ausland kennt sie jedoch niemand, so zum Beispiel „Handy“.

Deutsch und Englisch – Freund oder Feind?

Ob im Geschäftsleben oder beim Gang zum heimischen Supermarkt – Service Points und Facility Manager scheinen uns mittlerweile überall hin zu verfolgen. Wie gut, dass wir selbst darüber entscheiden können, ob wir Anglizismen zum „Friend“ oder „Foe“ erklären.

Mit Material von Monster.de, Abendblatt.de

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